Schwestern
von Andreas Neu nach Anton Tschechow
Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber
die ich kenne, will ich nicht mehr sehen, aber
wo ich lebe, will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin:
Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.
(Thomas Brasch)
Überdruss angesichts der Gegenwart. Die chronische Unzufriedenheit des Menschen – sein Antrieb, aber auch seine Verdammnis.
Sehnsucht verklärt die Realität und Wissen verändert deine Träume. Meine Mutter sagt, dass sich ihr Jugendwunsch nach Lateinamerika zu gehen erst damit geändert hat, dass die Mauer fiel und sie es tatsächlich konnte. Vielleicht ist also auch die vermeintliche Unerreichbarkeit etwas, was Dinge attraktiv macht. Sehnsucht hat immer ein Ziel, man hat immer Sehnsucht nach etwas. Und sei es noch so vage. Die Sehnsucht sucht, was immer des Sehnens Sucht befriedigt. Doch da ist auch immer die Angst vor dem Unbekannten, die Angst, Risiken einzugehen. Was, wenn der Sehnsuchtsort doch nicht so ist, wie ich ihn mir vorstelle? Was, wenn ich scheitere?
Und überhaupt: Ich muss keinen äußerlich großen Wechsel schaffen, solange mir nicht klar ist, was ich innerlich verändern möchte. Und wenn ich innerlich klar bin, dann ist mir egal, an welchen Ort ich komme; ich werde ihn mir so zu eigen machen, dass ich mich zu Hause fühle. Oder?
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Es spielen: das Ensemble von SH2GO
Dauer: circa 70 Minuten ohne Pause
2019